Interview: Simone Nägeli, Mitgründerin und Geschäftsführerin GemüseAckerdemie: Rüebli, Tomaten und Co. - wenn Gärtnern bildet


Bild: GemüseAckerdemie

Simone, seit wann gibt es die GemüseAckerdemie in der Schweiz und wieviele Schulen machen schon mit?

Offiziell wurde mit der Gründung des Vereins 2017 der Stein ins Rollen gebracht. Ende 2018 sind drei Schulen im Kanton Zürich beteiligt und ein Kindergarten und eine Schule im Kanton Baselland. Die Angebote richten sich primär an Schülerinnen und Schüler der 1.-6. Klasse und an Kindergärten.

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Was sind die Ziele der GemüseAckerdemie – was wollt ihr erreichen?

Die Kinder kennen heute das Rüebli und die Kartoffel nur aus dem Supermarkt. Sie wissen nicht mehr, wie diese Gemüse wachsen, die bei ihnen zuhause auf dem Teller landen. Unser Ziel ist es, den Kindern den Zugang zu vermitteln, wie ein Salat, eine Zucchetti oder eine Tomate wächst. Kinder, die so aufwachsen, entwickeln einen wertschätzenderen Umgang mit der Natur und Lebensmitteln und wissen, was es braucht, bis ein Rüebli oder ein Kürbis geerntet werden kann. Sie lernen so den Anbau von Gemüse vom Anfang bis zur Ernte kennen. Die Eltern sind immer begeistert, wenn die Kinder das selbstangebaute Gemüse mit nach Hause bringen.

 

Ich frage mich, woher kommen die Pflanzen, die ihr mit den Kindern anbaut?

Wir kaufen die Pflanzen bei verschiedenen Bio-Gärtnereien und sie werden von uns gemeinsam mit den Kindern angepflanzt. Wir sind beim Anbauplan und der Pflanzung dabei. Danach übernimmt die Lehrperson die weiteren Aufgaben. Dafür werden diese von uns in eigenen Fortbildungen geschult. Wir versuchen eine breite Vielfalt, farblich bunt gemischt, beim Gemüse anzubieten. Für die Kinder ist die Farbe ein wichtiger Aspekt das Gemüse kennenzulernen. Bis zu 25 Gemüsesorten werden in den Beeten in ihrem Wachsen und Gedeihen von den Kindern gepflegt.

 

«Kinder, die mit einem Schulgarten aufwachsen, entwickeln einen wertschätzenderen Umgang mit der Natur und Lebensmitteln»

 

Eure «Mutterorganisation» hat ihren Sitz in Deutschland. Hat das einen Einfluss auf eure Arbeit?

Auf die tägliche Arbeit hat das keinen Einfluss. Die Lehrmaterialien wurden von der Ackerdemia e.V. konzipiert, in Anlehnung an die Prinzipien der Bildung für Nachhaltige Entwicklung. Das Bildungsprogramm wurde in Deutschland mehrfach ausgezeichnet. Und da auch im aktuellen Schweizer Lehrplan die Bildung für Nachhaltige Entwicklung integriert ist, passt das Programm ausgezeichnet in den hiesigen Unterricht.

 

Wie ist die Konkurrenz mit Gartenkind von Bioterra oder den Schülergärten in der Stadt Zürich?

Wir haben mit beiden Organisationen einen regen Austausch. Die generelle Nachfrage nach Garten-Angeboten zeigt, dass es ein Bedürfnis gibt. Bei Gartenkind und den Schülergärten ist der Besuch der Angebote vor allem in der Freizeit. Unser Bildungsangebot ist hingegen auf den Lehrplan der Schulen abgestimmt, sodass die Lehrpersonen dieses in ihren Unterricht einbinden können. Das heisst, die Angebote schliessen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Zudem sind wir schweizweit unterwegs und bekommen viele Anfragen aus Schulen wie z.B. aus dem Emmental, Schaffhausen, Herisau und vielen anderen Orten der Schweiz.

 

«Mein Traum wäre, dass Schulgärten in der ganzen Schweiz selbstverständlich zu jeder Schule gehören und im regulären Unterricht umfassend genutzt werden»

 

Die Finanzbeschaffung ist ja immer wichtig bei einem neuen Projekt – wie sieht das bei euch aus?

Das erste Jahr der Aufbauarbeit haben wir ehrenamtlich geleistet. Jetzt werden wir von Engagement Migros, dem Förderfond der Migros-Gruppe für Pionierprojekte im gesellschaftlichen Wandel, unterstützt. Zudem zahlen die beteiligten Schulen einen Jahresbeitrag aus ihrem Budget. Die dritte Einnahmequelle bilden die Spenden und das heisst für uns, Fundraising betreiben. Für die Pflanzen, die wir mit den Kindern anbauen, bekommen wir oft Rabatte oder Sachspenden von Saatgutproduzenten und Gärtnereien, mit denen wir zusammenarbeiten.

 

Wenn du einen Zauberstab hättest – was wäre ein Wunsch für die Zukunft?

Das wäre ganz klar: Schulgärten sollten in der ganzen Schweiz selbstverständlich sein und als regulärer Lernort im Rahmen des aktuellen Lehrplans genutzt werden. In einem Schulgarten steckt wahnsinnig viel Potenzial zur Vermittlung der ökologischen Zusammenhänge und des Zusammenspiels von Mensch und Natur. Man darf ja träumen – oder?

 

rr/22.1.2019

 

 

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GemüseAckerdemie

Säen, pflegen, ernten und buntes Gemüse essen und das direkt aus der Erde – dafür steht die GemüseAckerdemie. Seit 2017 als Verein organisiert. Die Geschäftsstelle befindet sich in Zürich. Das Konzept der GemüseAckerdemie ist neu in der Schweiz, aber in Deutschland und Österreich bereits ein etabliertes, mehrfach ausgezeichnetes Bildungsprogramm für Kinder und Jugendliche.

 

www.gemueseackerdemie.ch


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