Interview: Südländisches Flair im Kleingarten - Salvatore, 86 Jahre alt und musizierender Gärtner


Bild: rr

Salvatore seit wann hast du einen Garten und wie kamst du dazu?

Ich habe den Garten fünf Jahre vor der Pensionierung übernommen, also vor rund 26 Jahren. Ich wollte für mich eine Beschäftigung haben, die mir nach der Pensionierung Freude bereitet und bei der ich an der frischen Luft etwas tun konnte. Ich bin in Sizilien geboren, genauer gesagt in Ragusa, einer Kleinstadt mit etwas mehr als 70'000 Einwohnern und dort hatten meine Eltern auch einen grossen Garten zur Selbstversorgung mit Gemüse und teilweise auch Früchten. Mein Vater ging nach dem Geschäft immer in den Garten (er hatte eine kleine Schuhmacherei). Für ihn war das zugleich Erholung und Lebensmittelversorgung für die Familie.

 

Was sind deine liebsten Gemüsesorten, die du in deinem Garten anbaust?

Als meine Frau noch lebte, habe ich mehr Gemüse angebaut. Jetzt, wo ich alleine lebe, sind das vor allem Bohnen, Zucchetti, Zwiebeln, Zuckerhutsalat, Gewürze und Blumen. Ich brauche für mich alleine ja wenig Gemüse, Pasta ist für mich immer noch wichtig als Italiener (er lacht dazu). Ein besonderes Augenmerk habe ich auf meine Trauben gerichtet, die ich von meinen Verwandten, die in den USA leben, bekommen habe. Sie hege und pflege ich mit besonderer Aufmerksamkeit. Es ist eine besonders süsse Sorte dabei mit weissen Trauben.

 

 «Meine Trauben hege und pflege ich mit besonderer Aufmerksamkeit, sie waren ein Geschenk meiner Verwandten aus den USA»

 

Ich hätte jetzt gedacht, dass du als Italiener jede Menge Tomaten anbaust?

Die habe ich auch angebaut gehabt, bevor meine Frau starb. Vor allem die San Marzano Tomaten, die meine Frau verkochte und als Sugo in Gläsern bevorratete. Ich selber bin ja nicht der grosse Koch und mir wurde dann die Einkocherei zuviel.

 

Bist du eigentlich jeden Tag im Garten?

Nicht jeden Tag, aber oft. Ich geniesse einfach auch nur das «an der Sonne sein.» Ich sinniere dann so vor mich hin, über den Sinn und Unsinn des Lebens. Nebenbei dirigiere ich ja auch noch einen Chor und musiziere, das erfordert auch einen grösseren Zeitaufwand. Musik, Garten, Sonne – eine gute Kombination für mich. In der Coronazeit konnten wir nicht musizieren und so bin ich viel öfters im Garten gewesen. Ich habe das sehr geschätzt, dass dies in dieser Zeit möglich war und noch ist, es war eine gute Ablenkung von der belastenden Situation.

 

 «Musik, Garten, Sonne - eine gute Kombination für mich und mein Wohlbefinden»


Nachbarschaft mit den anderen Gärtnern – klappt das gut?

Ich habe das Glück, dass ich langjährige Nachbarn habe und wir uns gut verstehen und auch behilflich sind, wenn es nötig ist. Immer wieder kommen aber auch neue Pächter dazu, alte Mitglieder geben ihren Garten aus gesundheitlichen Gründen ab. Das ist wohl der Lauf der Zeit, ein Kommen und Gehen, ein Werden und Verblühen, wie im Garten. In den 26 Jahren hat sich die Struktur der Pächter schon geändert. Heute hat es zunehmend auch jüngere Pächter oder junge Familien. Das war früher etwas anders. Aber das ist gut so, etwas junges Blut tut der Gartengemeinschaft gut.

 

Mit 86 Jahren bist du ja auch nicht mehr der Jüngste – hast du noch die Kraft deinen grossen Garten zu bewirtschaften?

Ich fühle mich immer noch gesund, obschon ich einige Operationen hinter mir habe. Aber ich habe kein Auto, laufe soviel wie möglich und den Rest bewerkstellige ich mit den ÖV. Ich halte mich so fit und mit der Gartenarbeit. Aber ja, im Garten bewirtschafte ich zwei Beete nicht mehr, lasse es Etwas ruhiger angehen. Ich werde etwas schneller müde als früher, aber sonst fühle ich mich gut. Und ich hoffe, ich kann den Garten noch lange haben und dass die Kraft dafür ausreicht, ihn zu pflegen. Es würde mir viel fehlen, hätte ich ihn nicht mehr. Er gibt mir auch eine Tagesstruktur und ich kann im Garten immer ein kleines Gespräch mit den Nachbarn führen.

 

Rr/14.10.20020

 

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Zur Person:

Salvatore, er bewirtschaftet seit 26 Jahren eine Parzelle im Familiengartenverein Wiedikon am Fuss des Uetlibergs. Er arbeitete 45 Jahre als Verkäufer in einem Herrenmodegeschäft in Zürich. Mit 60 Jahren bewarb er sich für einen Garten im Verein. Seither ist der Garten ein wichtiger Teil in seinem Leben geworden, der ihm nebst dem Gemüseanbau für seinen eigenen Haushalt auch eine Tagesstruktur gibt und ihn fit hält.

 

Danke für das Interview, deinen Humor und noch viele schöne Momente im Garten, lieber Salvatore.

 

 

 


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